MK Lifetime 02 2020
LEBEN_ AERIAL YOGA
Schwerelose Asanas in der Luft Ich hänge kopfüber von der Decke. Wie eine Fledermaus. Und es fühlt sich großartig an – schwerelos. Das ist Yoga, wie ich es bisher nicht gekannt habe. Genauer: Aerial Yoga oder Yoga im Tuch. Neben mir hängt Regina Knieper. Bei ihr sieht es aus, als schwebe sie mit dem Tuch. „Dafür habe ich aber auch einige Zeit gebraucht“, sagt sie und lacht fröhlich. Sie ist die Trainerin für diese neuartige Form des Yogas, die sie seit zwei Jahren auch in Lüdenscheid und Balve anbietet.
wärts und schon sitze ich in dem schaukeln-
Die Übungen sehen aus wie getanztes Schaukeln, haben aber durchaus auch akrobatische Elemente zu bieten. „Es ist vor allem ein tolles Ganzkörpertraining“, sagt die Neuenraderin. Sie selbst kam durch Zufall zum Aerial Yoga. Als Hebamme war sie auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, die Geburtsvorberei- tung und die Rückbildungsgymnastik für Frauen zu optimieren. „Auf einem Workshop habe ich dann Aerial Yoga kennengelernt und wollte das sofort auch können“, erzählt sie. In Düsseldorf und Bad Meinberg fand sie schließlich Möglichkeiten, sich ausbilden zu lassen. Aerial Yoga bedeutet übersetzt „Luft Yoga“ und stammt wie vie- le Sport- und Fitnesstrends aus Amerika. Christopher Harrison, der Gründer der Akrobatik-Gruppe „AntiGravity“, suchte hier nach einer Möglichkeit, seine Truppe auch zwischen den Auf- tritten fit und entspannt zu halten. Und so kombinierte er seine vorhandenen Yoga-Kenntnisse mit dem Arbeitsgerät seiner Akrobatikgruppe, dem Tuch. Heraus kam Aerial Yoga. Auch Regina Knieper nutzt das feine Akrobatiktuch für ihre Übungen, die Asanas. „Arme, Beine, Rücken, Bauch, Schultern – alle Muskelgruppen werden bei den Übungen im und am Tuch gedehnt und gekräftigt. Aber vor allem die Wirbelsäule profitiert, denn sie wird entlastet“, sagt sie. Jetzt geht es am Tuch los. Wenige Handgriffe und ein beherzter Hüpfer rück-
den Tuch. Die Beine werden eines nach dem anderen hinein- gezogen, dann schließt sich der Stoff wie ein blauer
Kokon um mich herum. Jede Stunde beginnt mit Atemübungen, die den Körper vorbereiten sollen. Ehrlich gesagt, könnte ich auch ohne die Atem-
übungen noch stundenlang einfach hier sitzen und schaukeln. Es fühlt sich großartig an. Doch dafür bin ich nicht hier. Also bringe ich jetzt meine Füße auf Kopfhöhe und ziehe die Nase Richtung Zehen. Ganz ehrlich: Niemals hätte ich gedacht, dass das möglich wäre. Die Unterstützung durch das Tuch macht es möglich. In der nächsten Stunde „turne“ ich abwechselnd mit und in dem Tuch. Es ist überraschend anstrengend – und die Übungen, die ich an diesem Tag ausprobieren darf, sind allesamt anfän- gertauglich. Ich lerne den Sonnengruß und die Taube kennen, stehe auf den Zehenspitzen und lasse mich kopfüber aus dem Tuch fallen, dass mich jetzt nur noch an den Beinen hält. Etwas Mut gehört dazu – und Überwindung dem Halt des Tuches zu vertrauen. Doch als ich dann kopfüber von der Decke schwebe, werde ich für beides belohnt. Das. Ist. Einfach. Nur. Toll!
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